DIE SCHÜTT

Lost Places in Kärnten

LOST PLACES IN KÄRNTEN


Außergewöhnliche Ausflugstipps und Entdeckungsreisen mit den Buchautoren Georg Lux und Helmuth Weichselbraun. Diesmal geht’s in die Schütt.  

Der 25. Jänner 1348 war ein schwarzer Freitag, dessen Ereignisse bis heute jeder im Unteren Gailtal und im Raum Villach kennt. Am späten Nachmittag begann plötzlich die Erde zu beben. In Villach stürzten Teile der Stadtpfarr- und der Minoritenkirche ein, auch andere Gebäude und die mächtige bis zu sieben Meter hohe Stadtmauer wurden schwer beschädigt. Zeitgenössische Quellen berichten von Erdspalten, die sich auftaten und Häuser verschlangen. 

Gleichzeitig hatte das Erdbeben, dessen Epizentrum in Friaul lag, einen gewaltigen Bergsturz ausgelöst. Von der Dobratsch-Südseite lösten sich durch die Erschütterungen in einer Höhe von 1400 bis 1500 Meter Gesteinsmassen in einer Gesamtlänge von rund einem Kilometer. 30 Millionen Kubikmeter Schutt und Geröll donnerten in das Untere Gailtal. Bis zu 17 Dörfer sollen darunter begraben worden sein, ist in zahlreichen Überlieferungen zu lesen.

Heute weiß man: Bei den Berichten über die betroffenen Ortschaften handelte es sich um bewusst verbreitete falsche Nachrichten, mittelalterliche „Fake News“ quasi. „Das Bergsturzgebiet war weitgehend unbesiedelt. Nur zwei Dörfer mussten von ihren Bewohnern später verlassen werden. Sie gingen in dem See unter, zu dem die Geröllmassen die Gail aufgestaut hatten“, sagt Harald Krainer. Der Villacher Sachbuchautor beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Katastrophe von 1348.

In die Welt gesetzt hatte die „Fake News“ von den 17 verschwundenen Dörfern das Benediktinerkloster Arnoldstein, das große Besitzungen in der Gegend hatte. Mit dem Märchen von den schlimmen wirtschaftlichen Einbußen infolge des Bergsturzes konnte man sich fast 500 Jahre lang vor diversen Steuern und Abgaben drücken. Die Berichte über das Ereignis wurden dadurch immer blumiger und gipfelten in einem „Katastral-Schätzungselaborat“ der Steuerbehörden aus dem Jahr 1831 in der Formulierung „vulkanische Explosion des Hochgebirges“.



Die Bergsturzlandschaft zwischen Villach und Arnoldstein trägt mittlerweile den bezeichnenden Namen Schütt, ist seit 1942 das älteste Kärntner Naturschutzgebiet und mittlerweile Teil des Naturparks Dobratsch. Eine bizarre Gegend: Teilweise überwachsene riesige Felsblöcke wechseln sich hier mit nackten Geröllhalden, grünen Wäldern und Wiesen ab. Experten sprechen von einem einzigartigen „Hotspot der Biodiversität“, der Heimat vieler seltener Pflanzen und Tiere ist. Deshalb werden Besucher geben, die Wanderwege nicht zu verlassen.



Alle Infos zur Schütt zum Nachhören